Der Erfolg der Fridays-for-Future Bewegung legt den Finger in die seit Jahrzehnten offene Wunde der Klimapolitik – obgleich der immanenten Herausforderungen und unseres jahrelangen Wissens um die kommende Krise, bewegt sich die Politik auf nationaler sowie internationaler Ebene nur sehr langsam. Immer sind dabei Verhandlungen zwischen mehreren Parteien im Spiel, ob es sich um die deutsche Koalitionsebene, die Ministeriumsvertreter im europäischen Rat oder die fast 200 Länder bei den jährlichen Klimaverhandlungen der UN handelt. Die immer lauter werdenden Proteste der SchülerInnen und anderer Aktivistengruppen laufen dabei zentral auf eine Forderung hinaus: Handelt endlich anstatt aneinander und an uns vorbei zu verhandeln!
Fortschritte in globalen Verhandlungen haben weitreichende Folgen für Staaten sowie die Zivilgesellschaft auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Sie sind daher zentraler Ansatzpunkt mit großer Hebelwirkung für die Bewältigung der derzeit wichtigsten globalen Herausforderungen wie dem Klimaschutz, aber auch Migration oder der Gestaltung des Welthandels. Die multilateralen Gespräche über internationale Kooperation scheitern jedoch häufig oder erreichen unbefriedigende Ergebnisse. Dabei sind nicht nur Machtdifferenzen und die auf dem Verhandlungstisch liegenden Inhalte potentielle Hindernisse. Von der Öffentlichkeit und auf institutioneller Ebene wird häufig übersehen, dass ein zentraler Erfolgsfaktor für derart komplexe Verhandlungen ist, wie in diesen Prozessen vermittelt wird. Zu den Kernelementen der Prozessvermittlung zählen u.a. der Aufbau von Vertrauen in den Vorsitz eines Gipfels, die Koordination der Vermittler, der geschickte Einsatz informeller Gespräche, und die Einbindung der Zivilgesellschaft.
Die Relevanz und Komplexität des Verhandlungsprozesses kann anhand der Klimakonferenzen in Kopenhagen und Paris beispielhaft skizziert werden: 2009 in Kopenhagen waren interne Unstimmigkeiten der dänischen Leitung offensichtlich, die im Rücktritt der Konferenzvorsitzenden in der Mitte der Verhandlungen mündeten. Auch in der Zusammenarbeit mit dem UN Klimasekretariat fehlte es an Kohärenz und Geschlossenheit. Da sie sich nicht ausreichend in den Entstehungsprozess des Abschlussdokuments eingebunden fühlten, verhinderten am Ende vier Staaten ein Abkommen. Sechs Jahre später in Paris hatte sich weder an den Positionen noch an den Machtverhältnissen Bedeutendes geändert – doch der Prozess wurde transparenter, inklusiver und von einem geschlossen und kompetent auftretenden französischen Präsidentschaftsteam geleitet – die Konferenz wurde zu einem Erfolg. Das kleine Einmal-Eins jedes Verhandlungskurses bricht die Bedeutung der Verhandlungsführung für die Bewältigung der nicht zu enden scheinenden Krisen und Herausforderungen herunter: eins plus eins kann mehr als zwei ergeben – sofern alle relevanten Parteien „richtig“ miteinander am Tisch sitzen und verhandeln.
Das Problem: Entscheidendes Wissen über die Prozessgestaltung jedes Jahr verloren, da der Vorsitz multilateraler Verhandlungen zwischen Ländern rotiert und es in keinem Regime und schon gar nicht über die Themenbereiche hinweg eine institutionalisierte Weitergabe von besten Praktiken gibt. Das Centre for Multilateral Negotiations (CEMUNE) schließt diese Lücke, vor drei Jahren in Hamburg gegründet und geleitet von Dr. Kai Monheim, Absolvent der Harvard Kennedy School und der London School of Economics. Kurzgefasst verfolgt CEMUNE das Ziel, die Ausrichtung und Leitung von multilateralen Verhandlungen wissenschaftlich fundiert zu unterstützen und dadurch zu verbessern. Mit rund 20 freiwilligen Mitarbeitern werden die Erfahrungen von Vermittlerländern bei Verhandlungen analysiert und andere Regierungen und internationalen Organisationen auf künftige Vermittlungen durch Trainings und Workshops vorbereitet.
Die verfügbaren Ressourcen bei dieser Arbeit sind streng begrenzt, denn meist fehlt es den Stakeholdern an finanziellen Mitteln. Doch mit Hilfe ihres akademischen Hintergrundes, ihrer ‚can-do‘ Einstellung, einem breiten internationalen Netzwerk und ihrer Fähigkeit, talentierte internationale Ehrenamtliche für diese Sache zu begeistern, haben die Harvard-Alumni Kai Monheim und Mitgründer Magnus Lundgren aus Schweden bereits eine eindrucksvolle Anzahl verschiedener Projekten umgesetzt.
Das Herzstück der Arbeit bilden Workshops zu Verhandlungsmanagement und Verhandlungsstrategie mit den Ausrichtern globaler Konferenzen. Bei diesen besprechen die kommenden Ausrichter gemeinsam mit ihren Vorgängern und Experten aus der Wissenschaft in einem offenen Austausch verschiedene Herausforderungen der Vermittlungsstrategie. Bisherige Projekte fanden mit dem UNFCCC Sekretariat, der WTO und den Regierungen von Argentinien, Frankreich, Marokko und Fidschi als Ausrichter der WTO und UN Klimakonferenzen statt. Die Bedeutung einer solchen strukturierten Reflektion über die strategische Planung wird in der Vorbereitung der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 deutlich. Die Analysten sind sich einig, dass das französische Verhandlungsmanagement entscheidend zum Erfolg der Konferenz beitrug und in ihre Vorbereitung war das Centre for Multilateral Negotiations ebenfalls eingeschlossen. Es reflektiert Antoine Michon, Chef der Klimadivision des französischen Außenministeriums:
„I and my team greatly benefited from Kai Monheim‘;s presentation in 2014. It helped us structure our approach to prepare and later exercise the presidency of COP21. The lessons drawn by Kai resonated in the many steps we took when interacting with the UNFCC and contributed to the success of Paris.&“
CEMUNE arbeitet in drei Bereichen für die Verbesserung multilateraler Verhandlungen:
Wir können nicht wissen, wie sich die Welt in den nächsten Jahrzehnten verändern wird. Doch die Gestaltung von Verhandlungsprozessen wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Das Centre for Multilateral Negotiations ist bestrebt, die eigene Arbeit auszubauen und dadurch einen nachhaltigen Beitrag zu einer positiven Veränderung zu leisten. Seien Sie mit dabei!
Mehr über die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Forschungen und die praktische Arbeit des Centre for Multilateral Negotiations finden Sie auf unserer Website. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktaufnahme mit Kai Monheim!
Autoren:
Asgeir Barlaup
Kai Monheim
edited by Tabea Dorndorf
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